Konzept des nachhaltigen Hochwasserschutzes im Lossetal

„Wenn Regen dort versickert, verdunstet, genutzt und gespeichert wird, wo er auf die Erde fällt, kann auf Großstaudämme verzichtet werden!“

Nachhaltiger Hochwasserschutz muss das gesamte Wassereinzugsgebiet der Losse berücksichtigen: 

  • Wald
  • Landwirtschaft
  • Siedlungsraum
  • Losse und Zuflüsse

Wald

Der größte Teil des Losse-Einzugsgebiets sind Waldflächen. Waldflächen können einen wesentlichen Teil zum Hochwasserschutz beitragen.

In Bad Orb basiert der Hochwasserschutz zum größten Teil auf der Speicherung des Niederschlags im Wald. Die Hessenschau vom 21.9.2021 hat dies in einem Beitrag dokumentiert:

Beitrag "Hochwasserschutz in Bad Orb" (anklicken)

Wie effektiver Hochwasserschutz in einer großen Waldregion funktionieren kann, erläutert die Forstwissenschaftlerin Dr. Heike Puhlmann von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, für den Schwarzwald.

Film und Vortrag Schwammwälder (ca. 40 Min., anklicken)

Hochwasserschutz, wie er in Bad Orb und im Schwarzwald funktioniert, könnte auch in den Wäldern des Lossetals umgesetzt werden. Ein solcher Hochwasserschutz wäre gleichzeitig Grundwassersicherung und würde den gefährlichen Dürreperioden, die zum Absterben der Wälder führen, entgegenwirken.

„Was in anderen Landkreisen und Wassereinzugsgebieten möglich ist, würde auch in den Wäldern des Lossetals funktionieren!“

 

Auch in den Wäldern des Lossetals würden vergleichsweise einfache Veränderungen zum Hochwasserschutz und zur Grundwasserspeisung beitragen. Viele der Rückewege in den Wäldern des Lossetals verlaufen senkrecht zum Hang. Sie beschleunigen bei Starkregen den Wasserabfluss und die Erosion. Ein Verlegen der Rückewege parallel zum Hang ließe automatisch Mulden und Fahrrinnen entstehen, die den Wasserabfluss bremsen.

Der Ausbau und das Anlegen neuer Mulden in den Wäldern, wäre einfach und würde ebenfalls zum Hochwasserschutz beitragen.

„Muldenspeicher wären an allen zufließenden Gewässern der Losse möglich.“

Landwirtschaft

Wie Landwirtschaft zum Hochwasserschutz im Lossetal beitragen könnte, wurde in dem Vortrag am 29.11.2023 von dem Agrarwissenschaftler Max Fahrendorf umfassend und überzeugend dargelegt.

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Vortrag Max Fahrendorf
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Wie einfach Mulden in der Landschaft zum Hochwasserschutz beitragen könnten, zeigen wir am Beispiel "Lempersbach" in der Gemarkung Oberkaufungen.

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Möglicher Muldenspeicher am Lempersbach Oberkaufungen
Möglicher Muldenspeicher am Lempertsbach
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Siedlungsgebiete

Die Siedlungsgebiete des Lossetals 

können einen wesentlichen Beitrag zum Hochwasserschutz leisten.

 

Hessisch Lichtenau

Fürstenhagen

Eschenstruth

Hirschhagen

Helsa

Oberkaufungen

 

Niederkaufungen

Papierfabrik

Kassel-Bettenhausen

Kassel-Forstfeld

Sandershausen

 


Alle Siedlungsgebiete tragen zum beschleunigten Abfluss von Regenfällen bei und verringern das Versickerungs- und Verdunstungspotential gegenüber unbebauten Flächen. Diesen können Städte und Gemeinden, auch des Lossetals, durch ein Mosaik von Maßnahmen allerdings wesentlich verringern und damit einen deutlichen Beitrag zum Hochwasserschutz leisten.

Grundsätzliches Ziel ist

          - der Erhalt des natürlichen Wasserhaushalts in den Lossetalgemeinden

          - die Förderung der lokalen Versickerung und Verdunstung

          - der Schutz vor Hochwasser

Für die konkrete Umsetzung  

          - sollen Regenwassernutzungsanlagen Bestandteil der Infrastruktur werden

          - sollen Flächen entsiegelt werden

          - sollen Zisternen in Neubaugebieten vorgeschrieben werden

          - sollen neue Gebäude standardmäßig für Betriebs- und Regenwassernutzung

            vorbereitet sein

          - soll Hochwasserschutz fester Bestandteil kommunaler Planungspraxis

            werden (z.B. keine neue Bebauung in Überflutungsgebieten)

Für den Hochwasserschutz bedeuten diese Maßnahmen

          - die Entlastung des Kanalsystems

          - die Reduzierung lokaler Überflutungen

          - den Rückgang von Schäden durch Starkregen

          - die Reduzierung der überörtlichen Flutwelle

 

Für Siedlungsgebiete gilt, dass es nicht nur eine sondern ein Bündel von Maßnahmen geben muss.

Dieses Mosaik von Maßnahmen wurde beim Vortrag von Prof. Dr.-Ing. Carsten Dierkes am 14.3.2024 ausführlich erläutert.

 

Gründächer bzw. blau-grüne Dächer  

bedeutet, dass Dächer nicht nur begrünt werden, sondern dass die begrünte Fläche auch gleichzeitig zur Speicherung von Regenwasser genutzt wird (durch z.B. eine rigolenähnliche Unterschicht)

Fassadenbegrünung

ist in verschiedenen Varianten möglich. Sie hält Regenwasser zurück, fördert die Verdunstung, verbessert das Mikroklima, spart Energie ein, ist sowohl Wärme dämmend als auch ein Schutz vor Hitze, verringert Schallreflexionen und trägt zur

                                                          Aufenthaltsqualität in den Ortschaften bei.

Entsiegelung, wasserdurchlässige Flächenbeläge

Hybridsteine haben durch ihren Aufbau - obere Schicht = Katalysatorschicht, mittlere Schicht = Speicherschicht, untere Schicht = Kapillarschicht –ausgezeichnete Eigenschaften: verhindern Überflutungen, kühlen durch Verdunstung, heizen sich nicht auf, sind recyclebar, ermöglichen eine „leise“ Fahrbahn und schützen das Grundwasser.

Speicherung und Nutzung von Regenwasser 

für Gartenbewässerung, Toilettenspülung usw., ermöglicht die Einsparung von kostbarem Trinkwasser 

Versickerungsanlagen 

ermöglichen die Versickerung des Regenwassers direkt vor Ort.

Retentionsanlagen

können quasi unter beliebig großen (versiegelten) Flächen aufgebaut werden und sind nicht nur PKW-befahrbar, sondern können auch mit Schwerlastkraftwagen befahren werden.

Baumrigolen

speichern Wasser und ersparen ein aufwändiges Bewässern von Bäumen in Trockenzeiten

Multifunktionale Räume

sind vielseitig nutzbar, nur in den seltenen Fällen einer Überflutung dienen sie der Zwischenspeicherung des Wassers.

„Mittel- und langfristig werden auch im Lossetal die Siedlungsgebiete zur Wasserspeicherung beitragen. Eine stetige Vergrößerung der Abflusssysteme würde den finanziellen Rahmen der Gemeinden sprengen.“

 

Losse und Zuflüsse

Die Losse und deren zufließende Gewässer bieten natürliche Retentionsräume, also Flächen, die bei Hochwasser überflutet werden können. Für die Losse weist das Retentionskataster aus dem Jahr 2002  21 Retentionsgebiete aus. Durch zum Teil geringe Eingriffe (Sohlanhebungen, Baumpflanzungen u.a.) ließe sich das Stauvolumen der Retentionsflächen deutlich erhöhen.

Ein Beispiel für eine Maßnahme wäre der Retentionsraum Teichhof bei Fürstenhagen. Durch Anhebung der Gewässersohle, Baumanpflanzung u.a. kann der Retentionsraum entwickelt und so das Stauvolumen erhöht werden.

Für die zufließenden Gewässer zur Losse ist bisher kein Retentionskataster erstellt worden. Diese Untersuchungen fehlen bis heute. Hier gäbe es ein erhebliches Potenzial an Stauvolumen, das bisher bei den Berechnungen nicht berücksichtigt wurde.

Ein Beispiel ist der Lossezufluss Männerwasser bei Eschenstruth, wie in der Hessenschau vom 14. Januar 2024 gezeigt wurde.

Ein flächendeckendes Retentionskataster für das gesamte Einzugsgebiet muss als wichtige Planungsgrundlage erstellt werden. Über die schon vorgeschlagenen Maßnahmen hinaus wäre dies die Grundlage für die Renaturierung weiterer Gewässerabschnitte, die zur Abflussreduzierung beitragen bzw. das Stauvolumen erhöhen.

Ein erweitertes Retentionskataster wäre auch die Grundlage für die Planung kleiner, naturnaher und dezentraler Hochwasserschutzmaßnahen (z.B. kleine Rückhaltebecken).

„Die natürlichen Retentionsräume der Losse und der zufließenden Gewässer hätten durch geringe Eingriffe deutlich mehr Speichervolumen.“